Neues zur Probezeit im befristeten Arbeitsvertrag. Verhältnismäßigkeit der Probezeit zur Dauer der Befristung. Kündigungsfrist .

Die meisten Arbeitsverträge enthalten Regelungen zur Probezeit. Hierbei ist die Probezeit meist auf 6 Monate beschränkt. Neuerdings kann eine solche Regelung bei einer Befristung des Arbeitsvertrages problematisch werden. Eine Probezeitabrede soll nur dann rechtmäßig sein, wenn die Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zur Befristungsdauer steht. Welche Konsequenzen eine unverhältnismäßige Probezeit hat, werden wir im Folgendem näher beleuchten.

 

1.     Entstehungsgeschichte

 

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates ist bereits am 01.08.2022 gemeinsam mit den Neuregelungen zum Nachweisgesetz, jedoch bislang unbeachtet, in Kraft getreten. Die Richtlinie sieht in Art. 8 II vor, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen haben, dass die Probezeitdauer im Verhältnis zur erwarteten Dauer des Vertrages und der Art der Tätigkeit steht.

 

Umgesetzt wurde die Richtlinie in § 15 Abs. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG):

 

„Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.“

 

Darüber hinaus soll die Probezeit nicht länger als sechs Monate dauern. In Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten längere Probezeiten festsetzten, wenn dies durch die Art der Tätigkeit gerechtfertigt ist oder im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Der deutsche Gesetzgeber hat sich jedoch mit dem § 622 Abs. 3 BGB für eine maximale Dauer der Probezeit von 6 Monaten ohne Ausnahmeregelungen entschieden.

 

2.     Verhältnismäßigkeit

 

Sowohl die EU- Richtlinie des Art. 8 II als auch der § 15 Abs, 3 TzBfG sehen als Anhaltspunkte zur Bestimmung der Verhältnismäßigkeit lediglich „die Dauer der Befristung“ sowie „die Art der Tätigkeit“ vor. Ein festes prozentuales Verhältnis ist daraus jedoch nicht herauszulesen. Auch ein Änderungsantrag im Europäischen Parlament wonach bei befristeten Verträgen mit einer Dauer von weniger als 12 Monaten die Dauer der Probezeit maximal 25 % der erwarteten Vertragsdauer betragen darf, wurde (zum Glück) nicht Bestandteil der Richtlinie.

 

Die Literatur dazu lehnt schematische Lösungen wie eine prozentuale Verhältnismäßigkeit ab und fordert im Ergebnis eine Einzelfallabwägung.[1]

 

Das LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 18.10.2023-3 Sa 81/23) sieht bezüglich der zeitlichen Relation angesichts des unionsrechtlichen Geltungsbereiches „Befristungen mit einer Dauer von weniger als zwölf Monaten“ und der unionsrechtlich akzeptierten Probezeitdauer von sechs Monaten eine Probezeit als verhältnismäßig an, welche die Hälfte der Vertragsdauer umfasst.

 

Im Ergebnis ist jedoch eine Einzelfallabwägung vorzunehmen. Letztlich kann die LAG-Entscheidung zwar eine Orientierungshilfe darstellen, jedoch berücksichtigt diese nicht die Art der Tätigkeit. Bei Tätigkeiten, welche aufgrund ihrer Anforderungen eher eine kürzere Erprobung erfordern, kann bereits aufgrund des Wortlautes des § 15 Abs. 3 TzBfG nicht immer die gesetzlich zulässige Höchstdauer der Probezeit angenommen werden. 

 

3.     Rechtsfolgen der Unverhältnismäßigkeit 

 

Eine Probezeitvereinbarung führt in erster Linie dazu, dass die verkürzten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 3 BGB greifen. Danach kann innerhalb der Probezeit binnen einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Die Vereinbarung einer ordentlichen Kündigung ist nicht formgebunden, so dass bereits der Umstand einer Probezeitvereinbarung dazu führt, dass stillschweigend die gesetzliche oder tarifliche Mindestkündigungsfrist innerhalb der Probezeit vereinbart wurde.

 

Ist die Probezeitvereinbarung im Verhältnis zur Befristungsdauer tatsächlich unangemessen stellt sich jedoch die Frage nach der Rechtsfolge.

 

Nach einer strengen Ansicht soll die Unverhältnismäßigkeit dazu führen, dass der befristete Arbeitsvertrag insgesamt unkündbar wird, also auch nach dem Ablauf der (unwirksamen) Probezeit eine Kündigung des befristeten Arbeitsvertrages unmöglich ist.[2]Ausgenommen wäre jedoch die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Argumentiert wird mit § 139 BGB wonach der gesamte Vertrag nichtig ist, selbst wenn nur ein Teil des Vertrages nichtig ist.

 

Andere Ansichten schlussfolgern, dass die Unverhältnismäßigkeit der Probezeit zur Befristungsdauer lediglich zur Folge hat, dass die verkürzte Probezeitkündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB in diesem Arbeitsverhältnis nicht greift. Damit wäre der Arbeitsvertrag innerhalb und nach Ablauf der Probezeit zumindest mit der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfrist kündbar, sodass der befristete Arbeitsvertrag auch mit der ordentlichen Kündigungsfrist beendet werden kann.[3] Ist im Ergebnis die Kündbarkeit des befristeten Arbeitsvertrages vereinbart, kann im Falle der Unwirksamkeit der Probezeit eben nur mit der Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB (4 Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats) gekündigt werden. Sofern daher die Vereinbarung der Kündbarkeit neben der Probezeitvereinbarung getroffen wurde, liegt Teilbarkeit vor. Damit ist nur der teilbare Bestandteil der Vereinbarung -die Probezeitvereinbarung- unwirksam. Die Kündbarkeit des Vertrages selbst ist durch die Unwirksamkeit der Probezeitvereinbarung jedoch nicht betroffen, sodass in aller Regel die Aufrechterhaltung der Kündbarkeitsvereinbarung bereits aus § 306 BGB folgt.

 

Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn keine gesonderte Vereinbarung der Kündbarkeit getroffen wurde. In diesem Fall liegt keine Teilbarkeit im Sinne des § 139 BGB vor und der unzulässige Teil ist nicht abgrenzbar, sodass im Ergebnis der gesamte befristete Arbeitsvertrag ordentlich unkündbar ist. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bleibt selbstverständlich bestehen.[4]

 

Im Ergebnis sollte daher jeder befristete Arbeitsvertrag neben der Probezeitvereinbarung auch den Hinweis der separaten ordentlichen Kündbarkeit des Arbeitsvertrages enthalten. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch bei einer unverhältnismäßigen Probezeitdauer der Arbeitsvertrag weiterhin kündbar bleibt.

 

4.     Fazit

  • Auch in befristeten Arbeitsverträgen ist eine Probezeitvereinbarung möglich.
  • Die Dauer der Probezeit muss jedoch im Verhältnis zur Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Dabei ist stets eine Einzelfallabwägung vorzunehmen.
  • Um die gesamte Unkündbarkeit des befristeten Arbeitsvertrages zu verhindern, sollte die ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages geregelt sein. Selbst wenn die Probezeitvereinbarung dann unwirksam ist, kann der Vertrag weiterhin mit der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB bzw. der tarifvertraglichen Kündigungsfrist beendet werden.

 

[1] Oberthür ArbRB 2029, 319; Bayreuther NZA 2022, 955).

[2] Bayreuther NZA 2022, 955).

[3] ErfK/Müller-Glöge TzBfG § 15 Rn. 10-12.

[4] Ascheid/Preis/Schmidt/Backhaus TzBfG § 15 Rn. 15f, 15g.

Michael Koch

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt

Stephanie Neblung

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Rechtsanwältin