Auskunftsanspruch des Gemeinderats +++ Offenlegung Geschäfts- führervergütung in öffentlichen Unternehmen +++ Kontra Da-
tenschutzrecht des Fremdgeschäftsführers +++ Ein juristischer
Abriss im Spannungsfeld grundrechtlich geschützter Positionen
A. Der Auskunftsanspruch des Stadtratsmitglieds
1. Rechtsgrundlage
a) fehlende Landesnorm
Die Kommunalordnungen aller Flächenländer der Bundesrepublik mit Ausnahme des Freistaates Thüringen regeln den Auskunftsanspruch des Gemeinderatsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister ausdrücklich. In Thüringen sehen weder die Thüringer Verfassung noch die Thüringer Kommunalordnung als einschlägige landesgesetzliche Normen ein derartiges Auskunftsrecht des Gemeinderatsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister vor. Trotz dieser fehlenden Normengrundlage im Landesrecht wird das Auskunftsrecht des Gemeinderatsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister als solches, quasi gesetzesgleich, anerkannt.
Das Thüringer Oberverwaltungsgericht (ThürOVG) hat in dem Urteil vom 14.11.2013, 3 KO 900/11, trotz der bestehenden Thüringer Gesetzeslage den Auskunftsanspruch des Gemeinderatsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister bestätigt und diesen unmittelbar aus der verfassungsrechtlich vorgegebenen Stellung des Gemeinderatsmitglieds aus der demokratischen Wahl nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. § 95 der Thüringer Verfassung und dem Prinzip des freien Mandats abgeleitet. Einer ausdrücklichen Erwähnung des Auskunftsrechts in den einschlägigen Thüringer Landesregelungen hätte es deshalb nicht bedurft. Zwar sei aus den Gesetzesmaterialien zur Novellierung der Thüringer Kommunalordnung zu erkennen, dass der Landtag eine Gesetzesinitiative der parlamentarischen Opposition, mit der im Rahmen einer umfassenden Novellierung der Landesregelung auch ein allgemeiner Auskunftsanspruch der Gemeinderatsmitglieder anerkannt werden sollte, abgelehnt hat. Aus der Dokumentation der parlamentarischen Beratungen dieser Gesetzgebungsinitiative sei jedoch nicht der Wille des Gesetzgebers erkennbar gewesen, explizit ein solches Recht abzulehnen (vgl. ThürOVG vom 14.11.2013, S. 14, 15). Auch wenn der Auskunftsanspruch als solches nicht ausdrücklich positiv rechtlich in einem Gesetz oder einer vergleichbaren Norm geregelt sei, würde sich der Auskunftsanspruch unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Stellung des Gemeinderatsmitglieds ergeben, also dadurch begründet sein. Die verfassungsrechtliche Stellung des Gemeinderatsmitglieds würde keinen Selbstzweck erfüllen, sondern ihm die Funktion geben, Mitwirkungsrechte und –pflichten als Mitglied des Gemeinderats sachgerecht wahrnehmen und ausschöpfen zu müssen. Dieser Funktion dient der Auskunftsanspruch. Ohne diesen würde die Funktion des Gemeinderatsmitglieds ausgehöhlt und leerlaufen. Deshalb würde es der ausdrücklichen Erwähnung des Rechts in einer landesrechtlichen Norm nicht bedürfen.
Ähnlich betrachtet die Rechtslage das OVG Niedersachsen. Mit Urteil vom 03.06.2009, 10 LC 217/07 leitet das Gericht den Auskunftsanspruch ebenfalls aus der Mitgliedschaft des Gemeinderatsmitglieds im Kommunalparlament und der damit verbundenen Aufgaben ab (obgleich für Niedersachsen in § 39 a der Niedersächsischen Gemeindeordnung der Anspruch auf Auskunft ausdrücklich geregelt ist, betont das Niedersächsische OVG, dass es dieser Regelung zur Begründung des Auskunftsanspruches des Gemeinderates nicht bedurft hätte).
Trotz der Ableitung des Auskunftsanspruches aus dem Mandat selbst sei betont, dass eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Auskunftsanspruches nicht zu finden ist.
b) Ausmaß des Auskunftsanspruches
Der Auskunftsanspruch des Stadtratsmitglieds erstreckt sich gegenständlich auf alle Themen und Themenbereiche, die die Aufgaben der Gemeinde und die Kompetenzen des Gemeinderates zum Gegenstand haben. Damit ist ein sehr großer Kreis an Tatsachen erfasst, für die das Stadtratsmitglied Auskunft verlangen kann. Insofern kann dieses Auskunftsrecht auch als allgemeines Auskunftsrecht bewertet werden, wobei die Rechtsprechung zumindest die Grenzen des Auskunftsanspruches bei kollidierenden Ansprüchen oder Interessen erkennt (etwa bei Geheimhaltungsinteressen). Gleichwohl wird dem Auskunftsanspruch eine hervorgehobene Stellung beigemessen, was auch daran deutlich wird, dass zumindest nach der Rechtsprechung des ThürOVG (vgl. Urteil vom 14.11.2013, a. a. O.) für die Geltendmachung des Auskunftsanspruches kein Begründungszwang zu Lasten des Stadtratsmitgliedes besteht und allein die Aufgaben- bzw. Kompetenztangierung der Gemeinde- bzw. des Gemeinderates das einschränkende Faktum für die Bejahung oder Verneinung des Anspruches ist.
Das Gemeinderatsmitglied soll durch die Geltendmachung eines umfassenden Auskunftsanspruches so nachhaltig unterrichtet sein, dass es seine Aufgaben als Gemeinderat ausschöpfen kann, wobei im Einzelfall die Rechtfertigung des Auskunftsanspruches nicht zu hinterfragen ist, es sei denn, dass mit der Geltendmachung des Auskunftsanspruches sachfremde Motive verfolgt werden
Ferner kann ein Auskunftsanspruch versagt werden, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Gemeinderatsmitglied die ihm obliegende Verschwiegenheitspflicht nach §§ 94 Abs. 3 Satz 2 und 40 Abs. 2 Satz 2 ThürKO bei der Geheimhaltung unterliegenden Informationen verletzen werde (dies andeutend, im konkreten Fall jedoch verneinend VG Weimar vom 24.04.2017, 3 E 129/17 We).
2. Auskunft über Vergütung von Geschäftsführern kommunaler Gesellschaften?
Die Rechtsprechung lässt die Frage nach der Vergütung von Geschäftsführern kommunaler Gesellschaften dann zu, wenn und soweit Angelegenheiten des eigenen oder übertragenen Wirkungskreises der Gemeinde betroffen sind. Dies wird bei kommunalen Gesellschaften bejaht, da damit die Organisation und Haushaltsführung der von der Gemeinde gegründeten Unternehmen zur Daseinsvorsorge betroffen ist (vgl. ThürOVG, a. a. O., OVG Niedersachsen, a. a. O., BVerwG vom 26.02.2010 – 8 B 91.09).
Obgleich der Gemeinderat im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinde grundsätzlich keine operativen Geschäftsführungsbefugnisse hat, wird die Fragestellung nach der Vergütung der Geschäftsführer der kommunalen Gesellschaften grundsätzlich zugelassen. Dies geschieht deshalb, weil nach der Rechtsprechung die Gemeinderäte grundlegende Initiativ-, Entscheidungs- und Kontrollrechte hätten und damit die nachgefragten Vergütungen der Geschäftsführer diese Kompetenzkreise des Gemeinderates berührten.
Das ThürOVG hat in der Entscheidung vom 14.11.2013 sowohl im konkret zur Entscheidung anstehenden Fall als auch generell einen Auskunftsanspruch zur Vergütung von Geschäftsführern kommunaler Gesellschaften bestätigt und dies mit dem Zweck des Auskunftsanspruches als grundlegende Basis zur Ausübung des freien Mandats begründet. Dieses Auskunftsrecht dürfe sich nicht auf Beratungsgegenstände und Tagungsordnungspunkte der Gemeinderatssitzung beschränken, also nicht konkret anlassbezogen sein (so wie es etwa die Rechtsprechung des Sächsischen OVG, vgl. OVG Sachsen vom 07.07.2015, 4 A 12/14 verlangt). Ebenso wenig müsse das Auskunftsinteresse von der Mehrheit des Gemeinderates getragen sein, da anderenfalls das Gemeinderatsmitglied lediglich als unselbständiger Teil des Gemeinderats bewertet würde, abhängig vom Willen der Mehrheit und den Vorgaben der Verwaltung. Damit würde auch dem Minderheitenschutz im Gemeinderat nicht hinreichend Genüge getan, was wohl zutreffend ist.
Im Ergebnis bleibt zu resümieren, dass der Auskunftsanspruch des Gemeinderatsmitglieds von umfassender Natur ist und, wenn auch nicht landesgesetzlich ausdrücklich geregelt, sich gleichwohl aus der verfassungsrechtlichen Stellung des Gemeinderatsmitglieds nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 94 ThürVerf ableiten lässt.
B. Informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht – Datenschutzrecht des Geschäftsführers (als Gegenspieler des Auskunftsanspruches)
I. Datenschutz als Grundrecht
1. Europäischer Blickwinkel
Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben am 27.04.2016 die Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung/nachstehend DS-GVO genannt) erlassen. Die DS-GVO gilt ab dem 25.05.2018 als Europäische Rechtsnorm unmittelbar und zwingend, und zwar unabhängig davon, ob die nationalen Gesetzgeber diese in nationales Recht umgesetzt haben oder nicht. Es wirkt mithin im Rechtsgebiet der Bundesrepublik Deutschland wie ein deutsches Gesetz.
Der Europäische Gesetzgeber hat in Erwägungsgrund 1 der DS-GVO das Datenschutzrecht in den Rang eines Europäischen Grundrechts erhoben:
„(1) Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Grundrecht. Gemäß Art. 8 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) sowie Art. 16 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.“
Zugleich wird der Zweck des Datenschutzes in Erwägungsgrund 2 wie folgt beschrieben:
„(2) Die Grundsätze und Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verar-beitung ihrer personenbezogenen Daten sollten gewährleisten, dass ihre Grund-rechte und Grundfreiheiten und insbesondere ihr Recht auf Schutz personen-bezogener Daten ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Aufenthaltsortes gewahrt bleiben. Diese Verordnung soll zur Vollendung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und einer Wirtschaftsunion, zum wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, zur Stärkung und zum Zusammenwachsen der Volkswirt-schaften innerhalb des Binnenmarktes sowie zum Wohlergehen natürlicher Personen beitragen.“
Die DS-GVO schafft damit auf der Basis von Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) eine supranationale Datenschutzvorgabe, mit der das Menschenrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Bereich der informationellen Selbstbestimmung kodifiziert wird. Zwar ist in Art. 8 Abs. 1 EMRK der Schutz personenbezogener Daten nicht ausdrücklich genannt, jedoch wird der Begriff des „Privatlebens“ europarechtlich weit interpretiert. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Urteil vom 19.09.2013, Beschwerde Nr. 8772/10, judiziert, dass das Privatleben im Sinne der Norm auch die „persönlichen Informationen, bei denen eine Person berechtigterweise erwarten kann, dass sie nicht ohne ihr Einverständnis veröffentlicht werden“ umfasst.
2. Datenschutz als Grundrecht im Sinne des Grundgesetzes
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland regelt ebenso wie die EMRK das Datenschutzrecht nicht ausdrücklich. Es gibt also keinen Artikel des Grundgesetzes, der sich ausdrücklich mit dem Datenschutz oder dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung befasst. Seit Jahren bestehen Bemühungen der Datenschutzbeauftragten der Länder, dieses Recht ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern, um „für die Bürger deutlich erkennbar“ zu machen, „dass unsere Verfassung ihr Recht auf Datenschutz in gleicher Weise garantiert, wie die traditionellen Grundrechte“. Der Umstand der fehlenden positivrechtlichen Kodifizierung des Datenschutzes als Grundrecht im Grundgesetz ändert aber nichts daran, dass in der Bundesrepublik Deutschland Datenschutz als Grundrecht betrachtet wird.
BVerfGE 65, 1 - Volkszählung
Bereits mit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 15.12.1983 zur Volkszählung hat das BVerfG das Datenschutzrecht als Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts etabliert. Es hat das Datenschutzrecht mithin aus den grundlegensten Grundrechten, nämlich der Unantastbarkeit der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) und aus dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) abgeleitet. Die Leitsätze 1 und 2 des Urteils werden, weil für die hier vorzunehmende Betrachtung von wesentlicher Bedeutung, nachstehend wiedergegeben.
„1. Unter den Bedingungen der modernen Datenverarbeitung wird der Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.
2. Einschränkungen dieses Rechts auf „informationelle Selbstbestimmung“ sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.“
Schon im Jahr 1983 hat das Bundesverfassungsgericht angesichts der sich verändernden technischen Kommunikationswelt die sich daraus ergebenden Gefährdungsaspekte für die menschliche Persönlichkeit erkannt und festgelegt, dass die Befugnis jedes Einzelnen, selbst über die Preisgabe persönlicher Lebenssachverhalte entscheiden zu können, angesichts der aktuellen und künftigen Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung in besonderem Maße des Schutzes des Gesetzgebers bedarf. Schon vor 35 Jahren erkannte das BVerFG die Gefahren, die mit der technischen Entwicklung in Bezug auf die automatische Datenverarbeitung für die Persönlichkeitsrechte entstehen können, nämlich dass „heute mit Hilfe der automatischen Datenverarbeitung Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person technisch gesehen unbegrenzt speicherbar und jederzeit ohne Rücksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar sind“.
Das im Volkszählungsurteil entwickelte Recht am Schutz persönlicher Daten wurde im Wesentlichen vor dem Hintergrund potenziell möglicher staatlicher Ausforschungsmaßnahmen mit thematischem Bezug zum engeren Lebensbereich des Informationsbetroffenen entwickelt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde sodann vom Bundesverfassungsgericht vor dem Hintergrund der sich auch gesellschaftlich voranschreitenden Möglichkeiten des Datenaustausches ausgebaut. Der Einzelne, der regelmäßig gar nicht weiß, was wo über ihn gesammelt wird, wo er elektronische Spuren hinterlässt, kann bei systematischer Datensammlung zu einem bloßen Objekt staatlicher Stellen oder wirtschaftlicher Marketingstrategen werden (vgl. Mauntz-Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Di Fabio, Art. 2 Abs. 1, Rn. 173), denn „wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind (oder werden, Ergänzung des Unterzeichners), und wer das mögliche Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden“ (BVerfGE 65, 1 (42 f.)). Somit entwickelte sich der Datenschutz dergestalt, dass vor jeder Form der Erhebung, schlichter Kenntnisnahme, Speicherung, Verwendung, Weitergabe oder Veröffentlichung von persönlichen, d. h. individualisierten oder individualisierbaren Informationen die Einwilligung des Betroffenen gegeben sein musste, es sei denn, dass ein Eingriff in die Rechte des Betroffenen durch Gesetz geregelt ist. Insofern hatte schon das Bundesverfassungsgericht 1983 festgehalten, dass überwiegende Allgemeininteressen vorliegen müssten, um Abwehransprüche des Betroffenen zu schlagen.
3. Thüringer Verfassung
Die Verfassung des Freistaates Thüringen hat, wie die meisten Landesverfassungen der Bundesländer, eine Regelung zum Datenschutz mit Verfassungsrang aufgenommen. Zu dem Datenschutz als grundlegendes Persönlichkeitsrecht verhält sich Art. 6 der Thüringer Verfassung (ThürV):
„(1) Jeder hat das Recht auf Achtung und Schutz seiner Persönlichkeit und seines privaten Lebensbereiches.
(2) Jeder hat Anspruch auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. Er ist berechtigt, über die Preisgabe und Verwendung solcher Daten selbst zu bestimmen.
(3) Diese Rechte dürfen nur auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden. Den Belangen historischer Forschung und geschichtlicher Aufarbeitung ist angemessen Rechnung zu tragen.
(4) Jeder hat nach Maßgabe der Gesetze ein Recht auf Auskunft darüber, welche Informationen über ihn in Akten und Dateien gespeichert sind und auf Einsicht in ihn betreffende Akten und Dateien.“
Artikel 6 Abs. 3 ThürV benennt die Schranken des Grundrechts. Danach ist eine Einschränkung des Datenschutzrechts nur dann zulässig, wenn dies auf Grund eines Gesetzes legitimiert wird. Allerdings muss das Gesetz die Voraussetzungen und den Umfang der Beeinträchtigungen hinreichend klar umschreiben, wobei der Grad der erforderlichen Bestimmtheit von der Art und Schwere des Eingriffes abhängt. Der Gesetzgeber muss Anlass, Zweck und Grenzen hinreichend bereichsspezifisch präzise und normenklar festlegen, das Zitiergebot des Art. 42 Abs. 3 Satz 2 ThürV ist zu beachten (vgl. Die Verfassung des Freistaates Thüringen/Poppenhäger, Art. 6, Rn. 35, 36).
Das Zitiergebot ist im Übrigen auch im Grundgesetz verankert. Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG muss ein Gesetz dasjenige Grundrecht unter Angabe seines Artikels benennen, das durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes eingeschränkt wird. Das Zitiergebot erfüllt eine Warn- und Besinnungsfunktion. Durch die Benennung des Eingriffes im Gesetzeswortlaut soll gesichert werden, dass der Gesetzgeber nur Eingriffe vorsieht, die ihm als solche bewusst sind und über deren Auswirkungen auf die betroffenen Grundrechte er sich Rechenschaft ablegt. Die ausdrückliche Benennung erleichtert es auch, die Notwendigkeiten des Ausmaßes des beabsichtigten Grundrechtseingriffes in öffentlicher Debatte zu klären. Nicht ausreichend ist hingegen, dass der Gesetzgeber sich des Grundrechtseingriffes bewusst war, wenn sich diese im Gesetzestext nicht niedergeschlagen hat (vgl. BVerfGE 120, 274, Rn. 301).
Außerdem ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dieser verlangt, dass der Eingriff einem legitimen Zweck dient, als Mittel zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. Die Verfassung des Freistaates Thüringen, a. a. O., Rn. 37).
Eine zumindest potenzielle Einschränkung des landesverfassungsrechtlich verbürgten Datenschutzrechts erfährt dieses über das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz (ThürIFG) vom 14.12.2012. Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, die bei den in § 2 Abs. 1 und 2 ThürIFG genannten Stellen vorhanden sind. Allerdings müsste ein Antrag, der sich auf einen Geschäftsführer einer kommunal getragenen GmbH bezieht, begründet und ggf. nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 ThürIFG ein rechtliches Interesse an der Kenntniserlangung der begehrten Informationen geltend gemacht werden; dieses wiederum müsste den Informationsschutz des Betroffenen überwiegen. Nach § 9 Abs. 2 ThürIFG ist allerdings festgelegt, dass das Informationsinteresse des Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen, die mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis des Betroffenen im Zusammenhang stehen, insbesondere aus Personalakten, überwiegen. Insofern scheidet das ThürIFG als den Datenschutz des Betroffenen brechende Norm aus.
Eine andere Landesvorschrift, die im Zusammenhang mit dem Auskunftsanspruch des Gemeinderatsmitglieds sich auch auf Informationen zu Daten aus Dienstverhältnissen erstreckt, kann nicht erkannt werden.
II. Die Dienstvergütung des Geschäftsführers als Datenschutzobjekt
1. Dienstvergütung als geschützter Gegenstand?
Mit der am 25.05.2018 in Kraft getretenen DS-GVO, die sodann über die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes auch legislativ in Deutschland umgesetzt wird, wird der Begriff der personenbezogenen Daten in Art. 4 Ziff. 1 definiert. Darunter sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, gemeint. Damit ist das Schutzobjekt des Datenschutzrechts sehr allgemein erfasst. Im Sinne des Datenschutzrechts versteht man unter Daten, die sich auf eine Person beziehen (personenbezogene Daten) Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person. Dazu zählen solche, die der Identifizierung und Beschreibung des Betroffenen dienen, z. B. Name, Anschrift, Familienstand, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Konfession, Beruf, Ausbildungsstand, Erscheinungsbild, Leistungen, Arbeitsverhalten, Gesundheitszustand oder Überzeugungen. Sachliche Verhältnisse sind Angaben über einen auf den Betroffenen beziehbaren Sachverhalt, so z. B. Eigentums-, Vermögens- und Einkunftsverhältnisse (Dienstvergütung), Informationen über das Kommunikationsverhalten, Vertragsbeziehungen zu Dritten, Nutzungsverhalten etc. Damit fallen auch die Einkünfte einer natürlichen Person aus einem bestimmten Beschäftigungsverhältnis unter den Begriff der personenbezogenen Daten und sind Schutzobjekt.
Der Datenschutz bezieht sich auf die Verarbeitung personenbezogener Daten. Darunter versteht man alles, was man mit personenbezogenen Daten anstellen kann (zur Kenntnis nehmen, weitersagen, weitertragen, weitersenden, speichern etc.). Bei der Weitergabe von datenrechtlich geschützten Informationen über eine natürliche Person handelt es sich konkret um den Tatbestand der Datenübermittlung. Diese liegt vor, wenn die verantwortliche Stelle erhobene Daten an einen Dritten bekannt gibt, auf die Form kommt es nicht an. Es spielt also keine Rolle, ob es sich um eine elektronische Datenübermittlung mittels IT-System oder um eine analoge, schriftliche oder mündliche Datenübermittlung handelt. Unter Verarbeitung im Sinne des grundrechtlichen Datenschutzes wird damit auch die Weiterleitung der Information über die Höhe der Dienstvergütung an einen Dritten, hier einen Abgeordneten oder einen größeren Kreis (etwa an den Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung) verstanden.
2. Geschäftsführer als geschütztes Rechtssubjekt
Fraglich ist, ob der Geschäftsführer einer kommunalen GmbH das grundrechtlich verbürgte Datenschutzrecht auf der Basis der nationalen Verfassungsnorm des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und auf der Basis von Art. 6 der Thüringer Verfassung geltend machen kann oder ob daneben noch die spezialgesetzliche Regelung des auf der DS-GVO basierenden Bundesdatenschutzgesetzes, in der am 25.05.2018 in Kraft getretenen Fassung (nachstehend BDSG (neu) genannt), für den Geschäftsführer Abwehrrechte begründet.
Maßgeblich für die Betrachtung ist, ob das Dienstverhältnis zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft als Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Beschäftigtendatenschutzes des § 26 BDSG in der ab dem 25.05.2018 geltenden Fassung zu bewerten ist, also ob der Geschäftsführer Beschäftigter im Sinne der Norm ist.
§ 26 BDSG (neu) definiert den Beschäftigtenbegriff in Abs. 8. Danach sind Beschäftigte im Sinne des Gesetzes Arbeitnehmer, Leiharbeitnehmer, Auszubildende, Rehabilitanden, behinderte Menschen in Behindertenwerkstätten, Freiwilligendienstleistende, Beamte, Richter, Soldaten und Zivildienstleistende, Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis, aber auch:
„6. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,…“
Das BDSG (neu) benennt den Geschäftsführer, der zumindest nach nationalem Recht nicht per se als Arbeitnehmer zu bewerten ist, nicht. Allerdings verwendet das BDSG (neu) nicht allein den arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff, sondern sieht den Arbeitnehmer als einen möglichen Typus des Beschäftigtenbegriffes. Der Begriff des Beschäftigten ist somit nicht primär arbeitsrechtlich geprägt, sondern dem Recht der abhängigen Beschäftigung entnommen, wie es in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert ist. § 7 Abs. 1 SGB IV unterscheidet sich insofern von § 26 Abs. 8 BDSG (neu), als die sozialversicherungsrechtliche Regelung des SGB IV die Beschäftigung strukturell definiert (nichtselbständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, Tätigkeit nach Weisungen und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers), dagegen sieht die Legaldefinition des § 26 Abs. 8 BDSG (neu) (wie im Übrigen auch die bisherige Legaldefinition des BDSG in § 3 Abs. 10) eine Art Berufsgruppenkatalog vor, ohne die Beschäftigung als solche strukturell näher zu charakterisieren. Fraglich ist nun, ob der Katalog des § 26 Abs. 8 BDSG (neu) streng am Wortlaut zu interpretieren ist oder ob eben auch Strukturmerkmale, die für eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sprechen, ergänzend bei der Subsumtion bestimmter Berufsgruppen unter den datenschutzrechtlichen Beschäftigtenbegriff zu berücksichtigen sind.
Dabei ist zu beachten, dass der gleiche Gesetzgeber identische Oberbegriffe für die geschützten Rechtssubjekte „Beschäftigte“ verwendet (§ 7 SGB IV erwähnt nicht nur die Beschäftigung als sozialversicherungsrechtlich ausgeübte Tätigkeit, sondern auch den Begriff des Beschäftigten).
Diese Wortidentität muss bei der Auslegung des datenschutzrechtlichen Begriffes von Bedeutung sein, da anderenfalls der Gesetzgeber eine klare Abgrenzung geschaffen hätte. Allein die Erwähnung des spezialgesetzlichen Bezuges in § 26 Abs. 8 Satz 1 BDSG (neu) „Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind“ genügt aus Sicht des Unterzeichnenden nicht, um den Berufsgruppenkatalog des § 26 Abs. 8 Nr. 1. bis 7. als abschließend zu verstehen, ohne dass eine Subsumtion vergleichbarer Berufsgruppen, die Beschäftigte im Sinne des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsbegriffes sein könnten, ausgeschlossen wäre.
Vorab ist zu prüfen, ob § 26 Abs. 8 Nr. 6. BDSG (neu) für den angestellten Fremdgeschäftsführer einschlägig ist.
Arbeitnehmerähnliche Personen sind, dies ergibt sich schon aus der natürlichen Deutung des Wortes, nicht mit Arbeitnehmern gleichzusetzen, verfügen aber über gleichartige Merkmale, die sie arbeitsrechtlich schützenswert machen. Das entscheidende Merkmal für den Arbeitnehmerbegriff ist nach herrschender Auffassung die persönliche Abhängigkeit, in welcher der Dienstverpflichtete zum Dienstberechtigten stehen muss. Gerade in diesem Merkmal unterscheidet sich von den Arbeitnehmern die Personengruppe der arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten, die – insoweit den Unternehmern gleichstehend – ihre Dienste in verhältnismäßiger, persönlicher Unabhängigkeit leistet, im Übrigen aber in ihrem Erscheinungsbild, insbesondere wegen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit, den Arbeitnehmern vergleichbar ist. Man spricht deshalb von den arbeitnehmerähnlichen Personen (vgl. KR-Rost, 11. Auflage, ArbNähnl. Pers., Rdn. 2).
Im Arbeitsleben haben sich drei typische Gruppen entwickelt, bei denen schon seit jeher eine größere persönliche Unabhängigkeit gegenüber dem Dienstberechtigten besteht, die Heimarbeiter, die sogenannten kleinen Handelsvertreter und die sogenannten freien Mitarbeiter. Darüber hinaus kann sich aber das Problem arbeitnehmerähnlicher Personen in allen Bereichen stellen, in denen Dienst- oder Werkleistungen erbracht werden (vgl. KR-Rost, a. a. O., Rdn. 3). Das Bundesarbeitsgericht definiert arbeitnehmerähnliche Personen in ständiger Rechtsprechung als Selbständige, die sich von Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit unterscheiden. Sie sind – in der Regel wegen ihrer fehlenden oder gegenüber Arbeitnehmern geringeren Weisungsgebundenheit oft auch wegen fehlender oder geringerer Eingliederung in eine betriebliche Organisation – in wesentlich geringerem Maße persönlich abhängig, als ein Arbeitnehmer. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit bzw. Unselbständigkeit; außerdem muss der wirtschaftlich Abhängige seinem gesamten sozialen Status nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein.
Kann in diesem Kontext nunmehr der GmbH-Geschäftsführer, insbesondere wenn er Fremdgeschäftsführer ist, also über keine eigenen Gesellschaftsanteile verfügt, eingeordnet werden?
Über die Frage, ob das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers einer GmbH als Arbeitsverhältnis angesehen werden kann, besteht seit Jahrzehnten Streit. Die Gegner dieser Sichtweise betonen, dass der Geschäftsführer die oberste Weisungsbefugnis in der Gesellschaft ausübt, die GmbH kraft gesetzlicher Vertretungsmacht gemäß § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz repräsentiert und als sozialer Gegenspieler der Arbeitnehmerschaft auftritt (vgl. Preis, Sagan, Der GmbH-Geschäftsführer in der arbeits- und diskriminierungsrechtlichen Rechtsprechung des EuGH, BGH und BAG, ZGR 2013, 26 bis 75). Zudem würde sich das Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbH-Gesetz (danach sind die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nichts anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschaft festgesetzt sind) nur auf das vom Anstellungsverhältnis streng zu trennende gesellschaftsrechtliche Berufungsverhältnis beziehen. Dieses sei von den gesetzlichen und satzungsmäßigen Rechten und Pflichten geprägt und würde ausschließlich auf einem körperschaftlichen Organisationsakt, durch den der Geschäftsführer die gesetzliche Stellung als Organ und gesetzlicher Vertreter erlangt, beruhen. Der Dienstvertrag würde dagegen die Verpflichtung des Geschäftsführers zu einer Tätigkeit für die Gesellschaft im Sinne der Leitung der Gesellschaft und im Gegenzug eingeräumte Vergütungsansprüche des Geschäftsführers regeln. Das Weisungsrecht des § 37 Abs. 1 GmbH-Gesetz soll nicht vergleichbar sein mit dem eigentlichen arbeitsrechtlichen Direktionsrecht des § 106 GewO, Inhalt, Ort und Zeit der Dienstleistung des Geschäftsführers zu bestimmen.
Die Pro-Fraktion reklamiert dagegen, dass, auch wenn das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung ein Organspezifisches ist, gleichwohl und insbesondere ein Fremdgeschäftsführer so schutzwürdig sein könne, wie ein Arbeitnehmer. In der Vergangenheit haben sich die Positionen zunehmend angenähert.
Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung hat unter verschiedenen Gesichtspunkten (Verbraucherstatus, Diskriminierungsobjekt oder Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit) den Geschäftsführer vergleichbar einem Arbeitnehmer als schutzwürdig betrachtet. Besonders interessant dabei ist die Rechtsprechung zum Diskriminierungsschutz.
Der Aufsichtsrat eines kommunalen Krankenhauses in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH lehnte die Verlängerung eines auf 5 Jahre befristeten Dienstvertrages mit einem GmbH-Geschäftsführer mit dem Hinweis ab, dieser sei mit 62 Jahren zu alt. Der Geschäftsführer klagte wegen Diskriminierung auf Schadenersatz nach § 15 Abs. 2 AGG und berief sich auf seine Schutzwürdigkeit und auf den Beschäftigtenbegriff im Sinne des § 6 Abs. 1 AGG. Nach § 6 Abs. 1 AGG sind Beschäftigte im Sinne des AGG namentlich Arbeitnehmer, Auszubildende oder Personen, die einer wirtschaftlich unselbständigen Arbeit als arbeitnehmerähnliche Person nachgehen. Die juristische Kommentarliteratur, die in der Begriffsdefinition des Beschäftigten nach § 6 Abs. 1 AGG den Geschäftsführer nicht verortet sah, vertrat die Auffassung, den Begriff des Beschäftigten gemäß § 6 Abs. 1 AGG weit zu fassen (vgl. ErfK/Schlachter, § 6 AGG, Rn. 7: „Der Gesetzgeber wählt in § 6 den an sich im ArbR ungebräuchl. Beschäftigtenbegriff, um damit zu verdeutl., dass das Gesetz eben gerade nicht nur auf die klassischen AN Anwendung finden soll. Eine Abschwächung des Schutzniveaus war damit nicht beabsichtigt, sondern ledigl. eine Anpassung der Ausnahmen/Rechtfertigungsgründe gemäß §§ 8 bis 10 an die Besonderheiten bei Selbständigen und Organmitgliedern.“). Das in der Sache zuständige OLG Köln sprach dem Geschäftsführer eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung in Höhe von 36.000,00 € zu und subsumierte den Fremdgeschäftsführer unter den Beschäftigtenbegriff des § 6 AGG. Der BGH, der als Revisionsinstanz über das Urteil des OLG Köln vom 29.07.2010 – 18 U 196/09 zu entscheiden hatte, bestätigte die rechtlichen Erwägungen des OLG, verwies den Rechtsstreit jedoch an das OLG Köln zurück, weil er weitere Feststellungen zur haftungsausfüllenden Kausalität sowie eine erneute Bemessung der zugesprochenen Entschädigungssumme für erforderlich erachtete. Damit stand der Fremdgeschäftsführer als Beschäftigter i. S. des AGG nicht mehr infrage.
Für die Bewertung eines datenschutzrechtlichen Schutzstatus des Geschäftsführers ist auch eine Bewertung des GmbH-Geschäftsführers nach dem Unionsrecht von Bedeutung. Die Konsequenzen, die sich aus der Einordnung eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts für das deutsche Recht ergeben, hängen maßgeblich von der Reichweite der sich aus Art. 288 AEUV ergebenden Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung des einzelstaatlichen Rechts ab. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH müssen die mitgliedsstaatlichen Gerichte das gesamte nationale Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der jeweiligen Richtlinie auslegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen. Sie müssen unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt.
In der Rechtssache Danosa entwickelte der EuGH, ausgehend von der Rechtsprechung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45 AEUV, wesentliche Merkmale für die Zuordnung des Geschäftsführers unter den Arbeitnehmerbegriff. Nach der Rechtsprechung besteht das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses darin, „dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine Andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält“ (EuGH, Rs. C-232/09 (Danosa)). Charakteristisch sei die Unterordnung des Arbeitnehmers unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Bei einem Mitglied einer Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft seien die genannten Voraussetzungen dem ersten Anschein nach dann erfüllt, wenn es
- entgeltliche Leistungen gegenüber der Gesellschaft erbringt,
- in diese eingegliedert ist,
- seine Tätigkeit nach Weisung oder unter Aufsicht eines anderen Gesellschaftsorgans ausübt und
- jederzeit ohne Einschränkung von seinem Amt abberufen werden kann.
Was die in der nationalen Literatur streitig diskutierte Weisung oder Aufsicht eines anderen Gesellschaftsorgans betrifft, stellt der EuGH auf die Verpflichtung des Geschäftsführers ab, gegenüber dem Aufsichtsrat oder einem anderen Organ Rechenschaft über die Geschäftsführung ablegen zu müssen. Derartige Rechenschaftspflichten unterliegen in Deutschland jedem Fremdgeschäftsführer einer GmbH deutschen Rechts. Wenn dies schon ausreichen soll für die Subsumtion des Geschäftsführers unter den Arbeitnehmerbegriff, dann muss das Bestehen organschaftlicher Weisungsrechte im Sinne des § 37 Abs. 1 GmbH-Gesetz erst recht ausreichen, um die Abhängigkeit des Geschäftsführers im Sinne seiner Unselbständigkeit zu begründen.
Insofern dürfte ein Geschäftsführer einer GmbH deutschen Rechts nur dann nicht weisungsgebunden im Sinne der Rechtsprechung des EuGH sein, wenn er in der Lage ist, bestimmenden Einfluss auf die Gesellschafterversammlung auszuüben. Daran fehlt es bei Geschäftsführern kommunaler Gesellschaften regelmäßig, da diese keine Gesellschafterposition haben und in der Regel weder Satzung noch Dienstverträge einen derartigen Einfluss konstituieren.
Bei alldem sei nicht übersehen, dass die Rechtsprechung des EuGH sich konkret an einzelnen arbeitsrechtlichen Materien abarbeitete, so in der Rechtssache Danosa an dem europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff im Sinne der Mutterschutzrichtlinie. Immer dann, wenn der nach einer europarechtlichen Vorschrift bestehende Arbeitnehmerbegriff europarechtlich geprägt ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Geschäftsführer nach den o. g. Kriterien als Arbeitnehmer unter die nationalrechtlichen Vorschriften zu subsumieren ist. Existieren diesbezüglich keine europarechtlichen Vorgaben oder stellen europäische Vorschriften auf den nationalrechtlichen Arbeitnehmerbegriff ab, ist im Einzelfall die Zielrichtung der nationalrechtlichen Vorschrift zu hinterfragen. Wenn also, wie nur in konkreten Einzelfällen, der nationale Gesetzgeber oder die Rechtsprechung Geschäftsführer als Arbeitnehmer betrachtet, muss geprüft werden, inwieweit das Äquivalenzprinzip greift. In Ermangelung europarechtlicher Vorgaben müssten dann die Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Ausgestaltung materiell-rechtlicher Sanktionen und verfahrensrechtlicher Regelungen sicherstellen, dass diese nicht weniger günstig gestaltet sind, als vergleichbare Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts. Folgerichtig verlangt das europäische Recht, dass auch auf den einzelnen Geschäftsführer, sollte er nach nationalem Recht als Arbeitnehmer anzusehen sein, die Umsetzungsgesetze zu Richtlinien mit nationalrechtlichen Arbeitnehmerbegriff Anwendung finden (vgl. Preis, Sagan, a. a. O., S. 52). Daher müssen nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die mitgliedsstaatlichen Gerichte das gesamte nationale Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der jeweiligen Richtlinie auslegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen. Sie müssen unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinien zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Zweck übereinstimmt.
§ 26 Abs. 8 BDSG (neu) enthält keine ausdrückliche Herausnahme des Geschäftsführers als Schutzsubjekt.
Schutzrichtung des BDSG ist die Wahrung des grundgesetzlich verbrieften informationellen Selbstbestimmungsrechts einer natürlichen Person. Das BDSG hat daher eine ähnliche Schutzrichtung, wie das AGG. Demzufolge muss der Beschäftigtenbegriff des § 26 Abs. 8 BDSG (neu) unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze so verstanden werden, dass ein Geschäftsführer, der unionsrechtliche Vorgaben erfüllt, als Arbeitnehmer und somit als Beschäftigter im Sinne des § 26 Abs. 8 BDSG (neu) anzusehen ist, wenngleich eine unmittelbare Unterordnung unter Ziff. 6. nicht erfolgen kann, weil die arbeitnehmerähnlichen Personen einen spezieller gefassten Berufsgruppenkreis erfassen. Eine Subsumtion des Fremdgeschäftsführers unter Ziff. 1. ist allerdings geboten.
3. Datenverarbeitung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses (§ 26 BDSG (neu))
Im Geltungsbereich des BDSG (neu) dürfen nach § 26 Abs. 1 BDSG (neu) personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung dessen für seine Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist. Daneben ist eine Datenverarbeitung zur Aufdeckung von Straftaten zulässig (hier nicht von Relevanz) oder wenn der Beschäftigte in die Verarbeitung der personenbezogenen Daten im konkreten Einzelfall eingewilligt hat.
Eine Einwilligung der Geschäftsführer liegt in der Regel nicht vor, so dass es eine Datenverarbeitung allenfalls nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG (neu) in Betracht kommt. Hier kommen verschiedene Tatbestandsmomente in Betracht, nämlich:
a) für die Entscheidung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses,
b) danach für dessen Durchführung oder Beendigung oder
c) zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten.
Die vorliegende Konstellation des Auskunftsverlangens eines Gemeinderatsmitglieds hat nichts mit dem Gesetzestatbestand der Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu tun. Die Tatbestandsvoraussetzung zu a) ist demnach nicht erfüllt.
Das Auskunftsverlangen hat auch nichts mit der Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu tun, sodass auch Tatbestand b) nicht erfüllt ist.
Das Tatbestandskriterium c) stellt auf die Erfüllung von Rechten und Pflichten von Gewerkschaften bzw. Betriebsräten ab und ist ebenfalls vorliegend nicht einschlägig.
Demzufolge kommt eine Weitergabe von Daten über die Vergütung der Geschäftsführer an Dritte auf der Basis des § 26 BDSG (neu) nicht in Betracht. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch die Möglichkeiten der Datenverarbeitung im Beschäftigungsverhältnis nach § 26 Abs. 2 bis 4 BDSG (neu) nicht erfüllt sind und also auch auf Basis dieser Vorschriften eine Weitergabe der Vergütungsdaten unzulässig ist.
III. Gemeinderatsmitglied – Parteiidentität oder dritte Person?
Die Geschäftsführeranstellungsverträge der Geschäftsführer kommunaler Gesellschaften sind mit der Gesellschaft als juristische Person des Privatrechts geschlossen. Vertragspartner des Geschäftsführers ist damit die Gesellschaft. Diese ist damit Träger der Datenschutzpflichten nach § 26 Abs. 1 BDSG (neu) und Objekt etwaiger Sanktionen bei Datenschutzpflichtverletzungen. Im Verhältnis zu dem Geschäftsführer wird die GmbH durch die Gesellschafterversammlung vertreten. Die Gesellschafterversammlung hat nach
§ 46 Nr. 5 GmbHG über die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers zu entscheiden. Nach dem Wortlaut der Vorschrift regelt diese zwar nur das Organverhältnis, die Rechtsprechung geht jedoch wegen der faktischen Verknüpfung von Organ- und Anstellungsverhältnis von einer umfassenden Kompetenz der Gesellschafterversammlung für Entscheidungen über das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers aus. Die Gesellschafterversammlung rekrutiert sich wiederum aus den gesetzlichen Vertretern der kommunalen Gesellschafter, also etwa dem Bürgermeister oder dem Landrat.
Der Umstand, dass die Gesellschafterversammlung bei Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer die Abschlusskompetenz hat, führt nicht dazu, dass dadurch quasi eine Parteierweiterung im Vertragsverhältnis auf die einzelnen Gesellschafter als solche stattfindet. Parteien des Vertragsverhältnisses bleiben ausschließlich die GmbH und der jeweilige Geschäftsführer. Eine Erstreckung auf Landkreis oder Gemeinde findet nicht statt. Vertragsrechtlich und personenrechtlich gibt es nur zwei beteiligte Parteien des Geschäftsführeranstellungsvertrages, nämlich die GmbH einerseits und den Geschäftsführer andererseits. Indem Daten des Beschäftigungsverhältnisses an Personen, die nicht Teil der kommunalen GmbH sind, weitergegeben werden sollen, wird damit der Kreis der Vertragsbeteiligten durchbrochen. Damit liegt eine Weitergabe an einen Dritten im Sinne von Art. 4 Nr. 10. der DS-GVO vor, die den Kreis derer verlässt, die auf Grund des Vertragsschlusses berechtigt Kenntnis über die Höhe der Vergütung der Geschäftsführer haben dürfen. Diese Durchbrechung des Kreises stellt eine Weitergabe von Daten im Sinne einer personenbezogenen Datenverarbeitung nach Art. 4 DS-GVO dar, die dann unzulässig ist, wenn der Betroffene nicht eingewilligt hat und diese auch nicht von der Ermächtigungsnorm des § 26 BDSG (neu) erfasst ist, was, wie oben dargelegt wurde, nicht der Fall ist. Zu dem berechtigten Personenkreis zählen die gesetzlichen Vertreter der Gesellschafter und ggf. bei satzungsbedingter Ermächtigung die Mitglieder des Aufsichtsrates der Gesellschaft.
Eine Erweiterung der berechtigten Personen auf den Kreis der Organe der kommunalen Gesellschafter, etwa dem Gemeinderat, ist nicht angezeigt. Dies wäre auch mit dem Schutzzweck des § 26 BDSG (neu) nicht vereinbar. Letztlich würde eine Weitergabe von Informationen über die Vergütungshöhe aus dem Kreis der Vertragsbeteiligten im Sinne einer Erweiterung dieses Kreises die Gefahr der öffentlichen Preisgabe solcher Informationen erheblich vergrößern.
Das ThürOVG vertritt die Auffassung, dass die Weitergabe von Informationen über die Vergütung der Geschäftsführer der kommunalen Gesellschaften den Kreis der Informationsberechtigten nicht verlassen würde. Die Preisgabe der Vergütungshöhe an ein Stadtratsmitglied würde dem gesellschaftsrechtlichen Auskunftsanspruch des Gesellschafters entsprechen. Organ des Gesellschafters sei aber nicht allein der Bürgermeister, sondern ebenso der Gemeinderat und seine Mitglieder (vgl. ThürOVG vom 14.11.2013, a. a. O., S. 21).
Das ThürOVG übersieht dabei bereits, dass die Preisgabe der Vergütung nicht aus einem gesellschaftsrechtlichen Auskunftsanspruch des Gesellschafters abzuleiten ist, denn der Gesellschafter in der Person des ihn gesetzlich vertretenden Oberbürgermeisters hat Kenntnis von der Dienstvergütung der Geschäftsführer infolge der Beteiligung am Dienstvertragsabschluss.
Die juristisch klare Trennlinie für den Verbleib oder die Weitergabe der Information bietet der Rahmen der juristischen Person der kommunalen Gesellschaft. Innerhalb dieser juristischen Person, also der diese vertretenden Mitglieder, dürfen die personenbezogenen Daten/Vergütung bekannt sein, da die juristische Person bei Abschluss des Geschäftsführeranstellungsvertrages und entsprechenden Änderungen von der Gesellschafterversammlung, diese wiederum von den gesetzlich vertretungsberechtigten Organen der Gesellschafter vertreten werden. Somit beschränkt sich das Recht auf Information zu den Geschäftsführervergütungen auf die bereits oben benannten Personen Landrat, Bürgermeister und Aufsichtsratsmitglieder.
Die Information an den Gemeinderat oder einzelne Mitglieder würde den geschützten Kreis verlassen und damit Abwehransprüche der Geschäftsführer gegen die Vertragspartei und die sie vertretenden Organe auslösen. Damit wäre die Datenschutzpflicht gebrochen, ohne dass dies durch die o. g. Vorschriften gerechtfertigt wäre.
IV. Besteht Kollision zwischen Auskunftsrecht und Datenschutzrecht?
Abschließend wäre zu prüfen, ob das ungeschriebene, auf Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. § 95 ThürVG gestützte Auskunftsrecht des Stadtratsmitglieds mit dem Datenschutzrecht der Geschäftsführer kollidiert und ob und wie eine derartige Kollision aufzulösen wäre.
Diesbezüglich ist zunächst auf die Ausführungen zu B. zu verweisen. Für den Freistaat Thüringen existiert weder eine allgemeine gesetzliche Regelung zum Auskunftsanspruch des Gemeinderatsmitglieds noch eine katalogisierte Auflistung der einzelnen Auskunftsbereiche. Dies soll nach der Rechtsprechung unschädlich sein, weil der Auskunftsanspruch per se aus dem Prinzip des freien Mandats nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG i. V. m. der jeweiligen landesverfassungsrechtlichen Vorschrift abgeleitet werden soll.
Damit wäre zwar ein allgemeines Auskunftsrecht belegt, aber eben nicht das Auskunftsrecht per se für jeden Auskunftsgegenstand begründet.
Auf dem Konfliktfeld zwischen Auskunftsanspruch aus grundgesetzlich verbriefter Position des Mandatsträgers und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Person, dessen Informationen vom Auskunftsrecht betroffen sind, gelten die für das grundrechtlich verbriefte informationelle Selbstbestimmungsrecht herausgearbeiteten Grundsätze, wonach der einzelne selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten bestimmt und Einschränkungen dieses Rechts nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig sind und diese einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss, bedarf. Wenngleich auch der Auskunftsanspruch des Gemeinderatsmitglieds als ungeschriebenes Recht aus grundgesetzlicher Position abgeleitet werden kann, ändert dies nichts daran, dass im Konfliktfeld zum informationellen Selbstbestimmungsrecht sogar die Thüringer Verfassung das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit soweit spezifiziert hat, dass nach Art. 6 Abs. 3 der Gesetzgeber Anlass, Zweck und Grenzen hinreichend bereichsspezifisch, präzise und normenklar festlegen muss.
Wenn aber schon der Auskunftsanspruch landesspezifisch gesetzlich nicht geregelt ist, sondern nur verfassungsrechtlich abgeleitet wird und gleichwohl der Auskunftsanspruch im Konfliktfeld zum Datenschutzrecht nicht ausdrücklich gesetzlich verankert ist, kommt eine, zumindest theoretisch denkbare, Kollision zwischen Auskunftsanspruch und Datenschutz gar nicht erst in Betracht. Der Datenschutz würde den Anspruch auf Auskunft über die Höhe der Geschäftsführervergütungen verdrängen.
V. Wahrung der kommunalrechtlichen Beteiligung
Wenngleich auch nach den vorstehenden Ausführungen ein Auskunftsanspruch des Stadtratsmitglieds zu den Geschäftsführervergütungen nicht in Betracht kommt, bleiben die Beteiligungsrechte im Sinne der Haushalts- und Wirtschaftskontrolle in eigenen Sachen gewahrt.
Nach § 73 Abs. 1 Nr. 2 ThürKO darf die Gemeinde Unternehmen in der Rechtsform des privaten Rechts nur gründen oder sich an solchen Unternehmen beteiligen, wenn die Gemeinde angemessenen Einfluss im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Gremium erhält. Die kommunalen Gesellschafter sind in der Regel im Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung durch Mitglieder des Kreistages bzw. des Stadtrates vertreten. Zu den Kompetenzen der Gesellschafter und Aufsichtsräte zählt auch die Überwachung und Beratung der Geschäftsführung, die Vorberatung aller Beschlussfassungen der Gesellschaftsversammlung und die Ausgestaltung von Dienst- und Anstellungsverträgen mit den Geschäftsführern.
Damit ist der Einwirkungspflicht der öffentlichen Hand auf die von ihr geschaffenen Rechtssubjekte, damit ihrerseits die Ziele kommunaler Politik, die Orientierung am Allgemeinwohl und das Gebot der Rechtsstaatlichkeit eingehalten werden, Genüge getan.
Michael Koch
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Aktuelle Beiträge
Mit der Nutzung dieser Website erklären Sie sich mit unserer Verwendung von Cookies einverstanden. Datenschutzerklärung